Dr. Kreißig blickt auf Karriere im Sport zurück

  14.09.2021    WLV Bildung
In der Serie der SportRegion Stuttgart "MEIN MOMENT" kommt diese Woche Dr. Wolfgang Kreißig zu Wort. Er nahm als Hochspringer zweimal an Olympischen Spielen teil, ist seit 2017 Präsident der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) Baden-Württemberg und bei uns im Verband Rechtsausschussvorsitzender.

Dr. Wolfgang Kreißig blickt zurück:

„Geboren wurde ich in Gehrden, aufgewachsen bin ich in Empelde – beides sind Vororte von Hannover. Fünf Jahre lang, bis 1978, lebte ich mit meiner Familie in Stockholm, mein Vater war dort Lehrer an der deutschen Schule. Das Abitur legte ich 1990 in meinem Geburtsort ab, anschließend leistete ich in Nienburg und in der Sportkompanie in Warendorf meinen Wehrdienst bei der Bundeswehr ab. Zum Jurastudium ging ich dann nach Heidelberg und studierte in dieser Zeit auch ein Jahr in Georgia (USA), genauer in Athens bei Atlanta.

In der Jugend wurde meine sportliche Freizeit zunächst vor allem bestimmt durch den Fußball, wo ich in der Abwehr spielte und wohl ein gewisses Talent zeigte. Die Talentsichter von Hannover 96 wurden jedenfalls auf mich aufmerksam und holten mich in der C-Jugend nach Hannover. 1986 kam ich über „Jugend trainiert für Olympia“ zur Leichtathletik, als ich für meine Schule relativ mühelos im Hochsprung gewann. 1989 wurde ich mit 2,24 Metern Deutscher Jugendmeister, und im selben Jahr gewann ich bei den Junioren-Europameisterschaften im damals noch jugoslawischen Varaždin die Bronzemedaille. Nach Rückkehr von meinem Studienjahr in den USA steigerte ich mich auf 2,28 Meter und konnte mich für meinen ersten internationalen Wettkampf im Männer-Bereich, der Europameisterschaft in Helsinki, qualifizieren. Bis 1999 steigerte ich meine Bestleistung bis auf 2,34 m, die ich, im Trikot der MTG Mannheim, in Mannheim übersprang. Im Olympiajahr 2000 holte ich in Braunschweig mit 2,30 Metern meinen zweiten nationalen Titel und qualifizierte mich zum zweiten Mal für Olympia, diesmal in Sydney, wo ich, wieder mit 2,29 m, Achter wurde. Im Jahr 2002 beendete ich meine Karriere.

Doktorarbeit: „Der Sportverein in Krise und Insolvenz“

2003 schrieb ich in Mainz meine Doktorarbeit mit dem Thema „Der Sportverein in Krise und Insolvenz“. Meine berufliche Laufbahn begann ich 2004 als Rechtsanwalt in Stuttgart, bevor ich zunächst in die Justiz wechselte und am Stuttgarter Landgericht Staatsanwalt, später Richter für Zivilrecht wurde. Anschließend wechselte ich ins Staatsministerium Baden-Württemberg und leitete dort zuletzt das Medienreferat. Am 27. März 2017 ernannte mich der Landtag Baden-Württemberg für sechs Jahre zum Präsidenten der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) Baden-Württemberg.

Die LFK ist eine von bundesweit 14 Landesmedienanstalten und hat ihren Sitz in Stuttgart. Sie ist staatsfern und unabhängig organisiert und wird zu einem Großteil aus den Rundfunkgebühren finanziert. Die LFK setzt sich seit 1986 und damit dem Beginn des Privatfernsehens im Land für eine vielfältige Medienlandschaft in Baden-Württemberg ein und nimmt eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben wahr – unter anderem mit dem Ziel, den Medienstandort Baden-Württemberg zu stärken und den kompetenten Umgang der Bürgerinnen und Bürger mit Medien zu fördern. Mit unserem 33-köpfigen Team gestalten wir die Rahmenbedingungen für die vielfältigen privaten Radio- und Fernsehangebote in Baden-Württemberg, planen beispielsweise die Verbreitungsgebiete und sorgen für die Einhaltung medienrechtlicher Vorgaben – auch im Internet.

Außerdem ist es unser besonderes Ziel, journalistische Strukturen in Baden-Württemberg zu fördern und vor allem besonders schutzbedürftige Nutzerinnen und Nutzer, nämlich Kinder und Jugendliche, vor für sie ungeeigneten Inhalten zu schützen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Vermittlung von Medienkompetenz an Seniorinnen und Senioren, um ihnen beim sicheren Umgang mit digitalen Medien zu helfen und digitale Teilhabe zu ermöglichen. Als Medienanstalt ist es jedoch unsere Hauptaufgabe, vor allem die freie Meinungsäußerung zu sichern und die Meinungsvielfalt zu fördern. Um diese Ziele kontinuierlich zu erreichen, richten wir unsere Prioritäten immer wieder neu aus. Ein Schwerpunktthema ist aktuell der Kampf gegen Hass und Hetze sowie Desinformation und Fake-News. Als Medienanstalten arbeiten wir damit „am Puls der Zeit“.

Von der Tartanbahn in den Rechtsausschuss

Berufsbedingt muss der Sport bei mir mittlerweile etwas zurückstehen. Ich habe im Laufe meines Lebens im Sport vieles gemacht und ausprobiert, aktuell sitze ich eher auf dem Rennrad oder dem Mountain Bike. Der Kontakt zur Leichtathletik ist aber immer noch sehr eng, so bin ich seit November 2017 Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Leichtathletik- Verbandes, eine Tätigkeit, die ich schon längere Zeit auch im Württembergischen Leichtathletik-Verband (WLV) ausübe.

Dass die Weltrekorde im Hochsprung bei Frauen (2,09 m/1987/Stefka Kostadinowa) und Männern (2,45 m/1993/Javier Sotomajor) mit zu den ältesten überhaupt zählen, könnte daran liegen, dass die Technik mittlerweile völlig ausgereizt ist. Beim von Dick Fosbury „erfundenen“ und 1968 in Mexiko bei den Olympischen Spielen mit der Goldmedaille belohnten „Flop“, einem Bogensprung über die Latte, liegt der Vorteil darin, dass der Schwerpunkt des Körpers „unterhalb“ der Latte liegt. Das war bei den davor verwendeten Techniken Schersprung und Straddle nicht der Fall. Aber einige Spitzenspringer, zum Beispiel Mutaz Essa Barshim, der katarische Weltmeister (2017 und 2019) und Olympiasieger von 2021 (zusammen mit dem Italiener Gianmarco Tamberi/beide übersprangen 2,37 m) waren in einigen Wettkämpfen immer wieder Mal im Bereich des Weltrekordes.

Unvergessen: der Sprung über 2,30 Meter

Ein unvergesslicher Moment für mich war, als ich im Jahr 2000 das erste Mal die 2,30 Meter übersprang. Aber auch die gemeinsame Zeit in der Leichtathletik-Familie, in gemeinsamen Trainingslagern, bei Hochsprung-Meetings und den internationalen Meisterschaften sind spezielle Momente. Obwohl wir alle Individualsportler sind, haben wir doch ein großes Gemeinschaftsgefühl. Das ist für mich beeindruckend, denn diese Zeit verbindet uns noch heute: Wenn wir uns als ehemalige Athleten heute zum Beispiel bei einer Meisterschaft oder anderen großen Veranstaltungen treffen, ist es so, als wäre die letzte Begegnung erst gestern gewesen!

Meine Frau Alina, geborene Astafei, lernte ich übrigens beim Hochsprung kennen. Wir gehörten damals derselben Trainingsgruppe von Dan Vlădescu an und starteten beide für die MTG Mannheim. Zusammengekommen sind wir dann im Olympiajahr 1996. Sie übersprang noch als Juniorin 1988 erstmals die Zwei-Meter-Marke (damals Juniorenweltrekord), ihre Bestleistung im Freien von 2,01 Meter erzielte sie 1995 gleich zwei Mal: in Wörrstadt am 27. Mai und am 3. Juli in Paris. Ihre Bestmarke in der Halle liegt bei 2,04 Metern (Berlin 1995). Mit dieser persönlichen Bestleistung wird sie bis heute auf Rang zwölf der ewigen Weltbestenliste geführt. Ihr größter Erfolg bei Olympischen Spielen ist die Silbermedaille 1992 in Barcelona, wo sie 2,00 Meter übersprang. 1995 wurde sie in Barcelona Hallenweltmeisterin mit übersprungenen 2,01 m. Bei den Freiluftweltmeisterschaften im selben Jahr in Göteborg holte sie mit 1,99 Metern die Silbermedaille. Alina gewann viermal die Deutsche Meisterschaft: 1995 (1,98 m), 1996 (1,94 m), 1998 (1,88 m) und 2001 (1,84 m). Unsere vier Kinder sind zwar alle sportlich begabt, betreiben aber keinen Leistungssport, wir wollen sie auch nicht dazu zwingen. Heute ist meine Frau Sportlehrerin an der Merz Schule, einer privaten, staatlich anerkannten Schule mit Gymnasium, Grundschule und Kindergarten an der Geroksruhe in Stuttgart. Im Rückblick kann ich sagen, dass mich die Zeit als Spitzensportler sehr geprägt hat und diese Zeit mit vielen positiven Erlebnissen und Begegnungen in Erinnerung bleibt.“

Dr. Wolfgang Kreißig war 1995 Zweiter der Studenten-Weltmeisterschaft in Fukuoka, Japan, wurde 1996 und 2000 Deutscher Meister im Hochsprung (Bestmarke 2,34 m) und nahm in diesen Jahren auch an den Olympischen Spielen in Atlanta beziehungsweise Sydney teil. Der promovierte Jurist studierte in Heidelberg und legte 2003 seine Dissertation in Mainz ab. Als Referendar arbeitet er am Landgericht Darmstadt, wurde 2005 Rechtsanwalt in Stuttgart und schließlich dort am Landgericht Staatsanwalt, später Richter für Zivilrecht. Anschließend wechselte er ins Staatsministerium Baden-Württemberg, wo er zuletzt das Medienreferat leitete. Am 27. März 2017 ernannte ihn der Landtag Baden-Württemberg zum Präsidenten der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) Baden-Württemberg. Mit seiner Ehefrau Alina (geb. Astafei), ebenfalls eine ehemalige Weltklasse-Hochspringerin (Bestleistung 2,01 m, Halle 2,04 m), und den vier Kindern ist der Niedersachse längst in Stuttgart heimisch geworden.

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